
Depression
eine psychische Störung mit vielen Gesichtern
Wusstest du, dass fast 40 % der Deutschen im Laufe ihres Lebens einmal an einer Depression erkranken? Das ist beinahe jede zweite Person – eine erschreckende Zahl. Ich bin froh, dass in der heutigen Zeit offener über diese psychische Erkrankung gesprochen wird. Vor zehn Jahren war das noch anders – Depression war ein Tabuthema, das allenfalls hinter vorgehaltener Hand zur Sprache kam. „Depression? Nein, doch nicht ich – ich bin doch nicht verrückt!“ Heute sieht das glücklicherweise anders aus: Prominente berichten offen über ihre Erfahrungen und auch auf Social Media wird ganz selbstverständlich gesagt: „Ich habe eine Depression.“
Doch so wichtig diese Offenheit ist – der Begriff „Depression“ wird aus meiner Sicht zu oft verallgemeinert. Dabei handelt es sich um eine komplexe Krankheit mit vielen Gesichtern. Deshalb möchte ich diesen Beitrag nutzen, um aufzuklären – und um meine eigene Geschichte zu erzählen.
Was ist eigentlich eine Depression?
Eine Depression ist eine psychische Störung, die durch Symptome wie gedrückte Stimmung, Interessenverlust, Freudlosigkeit (Anhedonie), Antriebslosigkeit (Abulie) und Hoffnungslosigkeit gekennzeichnet ist. Sie gehört zur Gruppe der affektiven Störungen (ICD-10: F3) und verläuft meist episodisch, das heißt: Sie kann wiederkehren.
Wichtig: Depression ist nicht einfach Traurigkeit – vielmehr erleben Betroffene oft eine Gefühllosigkeit, ein „inneres Leeregefühl“. Sie beschreiben es häufig als einen Zustand, in dem alle Emotionen wie betäubt erscheinen.
Fachlich unterscheidet man:
- Unipolare Depressionen (z. B. F32.0, F32.1, F32.2)
- Bipolare Störungen (Wechsel zwischen depressiven und manischen Episoden)
- Zyklothymia – eine leichtere Form der bipolaren Störung, bei der es über längere Zeiträume zu Stimmungsschwankungen zwischen leichter Depression und leichter Euphorie kommt, die jedoch oft nicht als behandlungsbedürftig wahrgenommen werden
- Dysthymia (heute: persistierende depressive Störung) – eine chronisch verlaufende, eher leichte, aber langanhaltende depressive Verstimmung, die oft jahrelang besteht und schwer zu erkennen ist, da sie als Teil der eigenen Persönlichkeit fehlinterpretiert wird
Gerade Zyklothymia und Dysthymia werden häufig übersehen oder fehldiagnostiziert – sie sind weniger auffällig als eine akute depressive Episode, haben aber dennoch einen erheblichen Einfluss auf das Leben der Betroffenen.
Eine besondere Form der „versteckten“ oder auch „maskierten“ Depression ist die lavierte Depression.
Das lateinische Wort dahinter ist „Larva“ und heißt Maske.
Die lavierte Depression – wenn die Seele körperlich leidet
Nicht immer zeigt sich eine Depression in trauriger Stimmung oder Antriebslosigkeit. Bei der lavierten Depression (auch somatisierte Depression genannt) stehen körperliche Beschwerden im Vordergrund – etwa Magen-Darm-Probleme, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Herzrasen oder chronische Schmerzen. Die Betroffenen berichten über vielfältige Symptome, für die medizinisch keine ausreichende körperliche Ursache gefunden wird. Die eigentliche Ursache liegt auf psychischer Ebene, wird aber häufig nicht als solche erkannt – weder vom Betroffenen noch vom Umfeld oder sogar vom behandelnden Arzt.
Diese Form der Depression bleibt daher oft unerkannt und unbehandelt, was den Leidensdruck zusätzlich erhöht. Besonders Menschen, die Schwierigkeiten haben, Gefühle auszudrücken oder zuzulassen, sind häufiger betroffen. Die Diagnose erfordert Feingefühl und ein genaues Hinsehen.
Auch hier gilt: Eine lavierte Depression ist kein "eingebildetes Leiden", sondern eine ernstzunehmende Erkrankung, die mit geeigneter therapeutischer Begleitung gut behandelbar ist.
Ein besonderer Blick: Altersdepression
Ein weiterer Aspekt, der mir besonders wichtig ist, ist die Depression im Alter. Die sogenannte Altersdepression wird häufig nicht erkannt oder fälschlicherweise für „altersbedingte Traurigkeit“ oder Demenz gehalten. Dabei sind auch ältere Menschen betroffen – nicht selten nach dem Verlust des Partners, sozialer Isolation oder durch körperliche Erkrankungen.
Depression im Alter ist behandelbar!
Es braucht mehr Aufklärung, damit auch ältere Menschen rechtzeitig die Hilfe bekommen, die sie verdienen. Ich bin davon überzeugt, dass älteren Menschen geholfen werden kann, wenn manchmal genauer hingeschaut würde. Sie hätten die Möglichkeit auf ein freudvolles und selbstbestimmtes Leben.

Wie wird eine Depression diagnostiziert?
Zur Diagnose werden Haupt- und Zusatzsymptome berücksichtigt:
es wird unterschieden in leicht, mittelgradig, schwer
Hauptsymptome:
- Depressive Stimmung
- Interessenverlust
- Freudlosigkeit
- Antriebsmangel
- Erhöhte Ermüdbarkeit
Zusatzsymptome:
- Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen
- Geringes Selbstwertgefühl
- Schuld- und Wertlosigkeitsgefühle
- Negative Zukunftsperspektiven
- Suizidgedanken oder -handlungen
- Schlafstörungen (z. B. Früherwachen)
- Appetitverlust

Ein Facharzt wird anhand dieser Symptome den Schweregrad der Depression einschätzen. Der Psychiater Aaron T. Beck formulierte zur besseren Einordnung die sogenannte kognitive Triade der Depression:
- Negatives Selbstbild
- Negative Zukunftserwartung
- Negative Sicht auf die Umwelt
Wenn du dich darin wiedererkennst, solltest du deinen Hausarzt oder einen Facharzt aufsuchen – denn: Je früher eine Depression erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Und: Suizidgedanken sind keine Seltenheit. Auch ich kann das aus eigener Erfahrung sagen. Ich habe nie gehandelt – aber oft daran gedacht.
Bitte: Lass dir helfen. Das Leben wird wieder heller. Was jetzt grau erscheint, kann wieder Farbe bekommen.
Wie entsteht eine Depression?
Ich möchte hier keine rein fachliche Erklärung liefern, sondern es mit meinen eigenen Worten ausdrücken:
Eine Depression entsteht oft, wenn ein Mensch das Gefühl hat, für ein großes Problem keine Lösung mehr zu finden. Man sieht keinen Ausweg mehr – alles erscheint aussichtslos. Der Kopf ist leer, das Herz schwer, der Körper müde – und irgendwann macht er einfach nicht mehr mit. "Ich kann nicht mehr. Punkt."
Natürlich gibt es verschiedene Risikofaktoren:
- Familiäre Vorbelastung
- Erlernte Denkmuster und Verhaltensstrategien
- Körperliche Erkrankungen oder deren Nachwirkungen
- Traumatische oder belastende Lebensereignisse
Aber: All das kann zu einer Depression führen, immer nur KANN.

Meine persönliche Geschichte
22.11.2017 – ein Datum, das sich in mein Leben eingebrannt hat.
An diesem Morgen konnte ich nicht mehr aufstehen. Mein Körper fühlte sich an wie Blei. Keine Kraft. Kein Antrieb. Kein „Wofür?“. Ich blieb einfach liegen.
Wochenlang war ich schon erschöpft, innerlich leer, desinteressiert, freudlos. Ich schlief schlecht, hatte keinen Hunger, mein Herz raste. Ich zitterte, hatte Übelkeit, Sehstörungen, kribbelnde Arme, ein Druckgefühl auf der Brust – ich war sicher, dass ich einen Herzinfarkt bekomme. Oft fuhr mein Mann mich ins Krankenhaus – jedes Mal: „Kein Befund“.
Irgendwann setzte sich ein Neurologe ans Bett und sagte:
„Frau Melzer, Sie haben eine schwere Depression mit generalisierter Angststörung und Panikattacken.“
Und obwohl es ein Schock war, war ich auch erleichtert. Endlich eine Diagnose. Endlich ein Name für das, was in mir vorging. Es folgten: Medikamente, Psychotherapie, Klinikaufenthalt.
Heute – Jahre später – bin ich dankbar.
Dankbar für den Prozess.
Dankbar für meinen Mann, der all das mit mir durchgestanden hat.
Dankbar für meine Familie und meine Freunde, die da waren – oder mir genau dann Raum gaben, wenn ich ihn brauchte.
Ich weiß heute:
Sozialer Rückzug ist typisch.
Telefonieren ist Folter.
Staubsaugen fühlt sich an wie ein Marathon.
Ich dachte oft, ich würde nie wieder arbeiten.
Ich lag nur noch auf der Couch – eingekringelt, weinend, starr. Wenn eine Panikattacke kam, fühlte ich mich wie tot – innerlich wie äußerlich.
Was ich gelernt habe:
Starre hilft nicht. Bewegung hilft. Dein Körper befindet sich im Kampf-Flucht Modus.
Der Körper will dir sagen:
„Ich bin für dich da. Lass uns kämpfen. Lass uns leben.“
Abschlussgedanken
Depression hat viele Gesichter – und genauso viele Wege heraus.
Wenn du dich in meinen Worten wiederfindest: Bitte glaube mir, du bist nicht allein.
Es ist keine Schwäche, sich Hilfe zu holen – es ist ein Akt von Mut.
Du darfst leben. Du darfst dich zeigen. Du darfst wieder fühlen.
Auch hier setzt meine Arbeit an.
Natürlich nur dann, wenn es meine Kompetenz und Fachlichkeit erlaubt.
Nur dann, wenn ich mir sicher bin, dass ich dir wirklich helfen kann.
Wenn ich für mich feststelle:
„Hier überschreite ich meine fachliche Grenze“,
dann werde ich dir raten, dich an einen Facharzt oder einen **approbierten Psychotherapeut*in** zu wenden.
Dieses Versprechen gebe ich dir.

Ein persönliches Schlusswort
Ja, es war eine schwere Zeit.
Das richtige Wort ist: schrecklich.
Für mich – und für mein gesamtes Umfeld.
Denn ich war lange Zeit der Kapitän meines Lebens, habe das Schiff gesteuert. Und plötzlich musste ich das Steuer aus der Hand geben – um zu heilen. Ich habe es schon gesagt, und ich wiederhole es gerne:
Ich bin dankbar für diesen Prozess. Denn mein Körper hat mir schon lange vorher Signale gesendet.
Er hat gesprochen – nein, geschrien. Und ich habe nicht hingehört.
Heute höre ich besser hin. Nicht immer – aber immer öfter.
Ich gönne mir Pausen. Ich mache Dinge, die mir guttun. Ich sage laut, wenn ich etwas nicht richtig finde.
Ich passe mich nicht mehr bedingungslos an. Ja, ich bin kompromissbereit – aber nicht um jeden Preis.
Ich gehe mutig meinen Weg. Und ich habe gelernt, meine Angst zu integrieren – anstatt gegen sie zu kämpfen.
Übrigens: Meine Angst hat einen Namen. Sie heißt „Frida“. Frida gehört heute zu mir.
Sie erinnert mich an meine Grenzen – und an meine Stärke.
Ich bin heute wieder in meiner Kraft.
Und ich gehe endlich meinen Weg –
nicht den Weg, den andere für mich vorgesehen hatten.
Und vielleicht ist jetzt dein Moment gekommen. Auch du kannst deinen Weg gehen.
Und wenn du möchtest, reiche ich dir meine Hand. Ich begleite dich ein Stück.
Ich verstehe. Ich halte. Ich bin da.
Herzliche Grüße
Ihre Katrin Melzer
Psychologische Beraterin aus Leidenschaft
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